Ist Verkaufen oder Kundenakquisition ein Horrortrip für Sie?

Ist Verkaufen oder Kundenakquisition ein Horrortrip für Sie?

Die verborgenen Ängste der Verkäufer…

Horrortrip verkaufen

Wovor hat jemand Angst, der sich scheut zu verkaufen? Vertraulich und in einem geschützten Rahmen befragt, haben mir Mitarbeiter unterschiedlicher Unternehmen immer wieder die folgenden drei Ängste anvertraut:

  1. Angst, sich anbiedern zu müssen
  2. Angst, sich zu öffnen
  3. Angst, dem anderen etwas wegzunehmen

Die ersten beiden Ängste haben mit unserem Selbstwertgefühl zu tun. Bei der dritten Angst geht es um unsere Werte und Überzeugungen, vor allem zum Thema Gerechtigkeit.

Mitarbeiter, die Angst haben, sich Kunden anbiedern zu müssen, sagen oft Sätze wie „Ich will mich nicht verbiegen.“ Sie befürchten, im Verkaufsgespräch einen Teil ihrer Identität – und damit ihres Selbstwerts – einzubüßen.

Dahinter steckt wiederum der Glaube, sie müssten „es dem Kunden recht machen“ und dürften nicht authentisch sein.

Nehmen wir einmal an, ein Verkäufer in einem Elektronikmarkt leidet unter unterschwelliger Angst. Vielleicht als Folge von zu hohem Erwartungsdruck. Typischerweise wird er die Angst vor seinen Kunden und Kollegen verbergen.

Aber eigentlich weiß er, dass er nicht angstfrei verkauft. Ich würde diesen Verkäufer fragen: „Haben Sie schon einmal einem Milliardär etwas verkauft?“

Vielleicht erzählt mir der Verkäufer dann etwas von Kunden, die besonders viel gekauft haben oder so richtig nach Geld aussahen. Dann antworte ich ihm: „Ob Sie schon einmal einen Milliardär bedient haben, können Sie überhaupt nicht wissen.“ Und das stimmt.

Die Reichsten der Reichen in Deutschland verhalten sich meistens völlig unauffällig. Sie protzen nicht mit Luxusautos und kleiden sich selten besonders modisch. Deshalb war der Mann mit der Rolex und dem Bentley-Schlüssel in der Hand, dem der Verkäufer sich letzte Woche meinte anbiedern zu müssen, mit ziemlicher Sicherheit kein Milliardär.

Der hagere ältere Herr im Trachtenjanker, der nach einem Kabel gefragt hat, könnte dagegen einer gewesen sein. Ein Inhaber einer Lebensmittelkette, der zu den zehn reichsten Deutschen zählt, saß über Jahre regelmäßig abends in seinem eigenen Golfhotel im Schwarzwald an der Bar und trank sein Bier. Außer Eingeweihten hat ihn nie jemand erkannt.

Was kann der Verkäufer im Elektronikmarkt daraus lernen? Ganz einfach: Wenn die Superreichen und extrem Erfolgreichen sich niemandem anbiedern, dann braucht es ein Verkäufer auch nicht zu tun.

Wer Erfolg hat, ist authentisch. Deshalb kann auch authentisch sein und bleiben, wer Erfolg haben will.

Da Verkäufer ohnehin nicht wissen können, wie viel Geld ein Kunde hat und wie es um seine Zahlungsbreitschaft bestellt ist, können sie es sich auch leicht machen und einfach alle Kunden gleich behandeln. Sie können authentisch, natürlich und selbstbewusst auftreten und in Ruhe abwarten, wie sie auf den Kunden wirken.

Bei sehr reichen Kunden kommt Authentizität sogar besonders gut an.

Lernt man das im Verkaufstraining?

Spitzenverkäufer sind bestens geschult und bereiten sich auf wichtige Verkaufsgespräche exzellent vor. Im Umkehrschluss bedeutet das aber nicht, dass jedes Verkaufstraining angstfreie und erfolgreiche Verkäufer hervorbringt. Im Gegenteil, es gibt Verkaufstrainings, die alles noch schlimmer machen. Diese sollten Sie sich und Ihren Mitarbeitern ersparen.

Es sind Trainings, durch die Verkäufer im Dialog mit dem Kunden die Kontrolle gewinnen sollen. Sei es mit rhetorischen Tricks, mit Psychospielen oder womit auch immer.

Vergessen Sie solche Trainings! Kunden von heute durchschauen aufgesetzte Maschen. Sie wollen Verkäufern begegnen, die ihnen zuhören und sie ernst nehmen.

Menschen, die Hemmungen haben zu verkaufen, fürchten sich oft vor Bloßstellung. Sie glauben, ein Kunde könnte ihre Wissenslücken entdecken und sie dumm dastehen lassen. Und tatsächlich ist es völlig okay, wenn ein Verkäufer auf eine Kundenfrage antwortet: „Einen Moment bitte, das schlage ich für Sie kurz nach.“ Oder: „Diese Informationen besorge ich und sende Sie Ihnen morgen früh per E-Mail.“

Richtig schlecht ist es dagegen, wenn ein Verkäufer sich keine Blöße geben will und deshalb verkrampft, blasiert und arrogant rüberkommt. Nicht Offenheit verschreckt Kunden, sondern mangelnde Öffnung. Nicht Peinlichkeit, sondern Oberflächlichkeit. Nicht Ehrlichkeit, sondern Fassade.

Wer Angst hat, sich zu öffnen, sollte sich fragen, ob er nicht in Wirklichkeit Angst davor hat, dass die Fassade bröckeln könnte, die er sich zugelegt hat.  Spitzenverkäufer zielen immer auf die emotionale Ebene, dorthin also, wo Kaufentscheidungen tatsächlich fallen.

Und wenn Ihre Mitarbeiter Papiermaschinen verkaufen sollen statt Bentleys? Dann sage ich: Es zählt immer die emotionale Ebene, auch bei „unemotionalen“ Produkten. Sie müssen nur nach den Emotionen suchen, die im Spiel sind.

Bleibt als drittes Problem das unangenehme Gefühl, von dem anderen etwas haben zu wollen. Diese Angst, jemandem wegzunehmen, was ihm gehört. Hier geht es um Wertekonflikte und bestimmte Glaubenssätze über Geld, Besitz und Gerechtigkeit.

Glaubt ein Mitarbeiter, seine Firma würde Kunden zu viel Geld aus der Tasche ziehen? Oder ist er stolz, dem Kunden ein einzigartiges Angebot machen zu können?

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