Der Einfluss der E-Mobilität auf deutsche Automobilzulieferer
Noch ist der Verbrennungsmotor das Maß der Dinge
Die Elektrisierung der Mobilität ist nicht mehr aufzuhalten, da sind sich Branchenkenner schon seit längerer Zeit einig. Eine Herausforderung stellt das für die großen und kleinen Zulieferbetriebe der Autoindustrie dar. Die Produktion und die komplette Produktpalette war und ist größtenteils immer noch auf Verbrennungsmotoren ausgerichtet.
Am Horizont wird die E-Mobilität immer deutlicher
Klar ist: Wer die Veränderungen in der Branche nicht ernst nimmt, wird langsam aber sicher an Umsatz verlieren. Zwar wird der Verbrennungsmotor auch noch über das Jahr 2030 hinaus eine Hauptrolle spielen, in weiterentwickelten Varianten und in Form von Hybridsystemen mit einem elektrischen Antriebsstrang verbunden, doch die Marktanteile werden sinken. Nicht zuletzt verantwortlich dafür ist die Politik und vor allem die europäische Union, welche mit ihren immer neuen Regulatorien und Vorgaben versucht, die Verbreitung der E-Mobilität nach vorne zu treiben.
Gerade der Mittelstand muss die Zeichen der Zeit erkennen
Vor allem der Mittelstand wird von dieser Entwicklung betroffen sein, denn über achtzig Prozent der deutschen Automobilzulieferbetriebe sind hier angesiedelt. Viele aktuelle Umfragen und Studien bestätigen zwar immer wieder, dass diese mittelständischen Unternehmen dem großen Umbruch selbstbewusst entgegenstehen und positiv in die Zukunft blicken, doch ist nichtsdestotrotz höchste Umsicht und auch Einsicht geboten. Auch wenn, wie oben beschrieben, der Verbrennungsmotor in absehbarer Zeit ganz und gar nicht verschwinden wird und somit die zu erwartenden Umsätze aus der E-Mobilität in den nächsten Jahren verhältnismäßig gering ausfallen werden, kann der plötzliche Wandel schneller da sein als es zu scheinen mag.
Progressiv denken und handeln ist die Devise
Vor allem kleine Start-Ups und Geschäftsmodelle arbeiten mit Hochdruck an Innovationen in den Bereichen Mobilität und Digitalisierung. Viele deutsche Unternehmen und Zulieferer aus der Kraftfahrzeugbranche haben das verstanden und beteiligen sich dort, beziehungsweiße kaufen vielversprechende Emporkömmlinge auf. Diese progressive Einstellung ist exakt das, was die aktuelle Stunde gebietet. Es bringt nichts, sich über die Realität zu beschweren und sturköpfig an seiner bewährten Produktion festzuhalten.
Nicht alle sind gleichermaßen betroffen
Für einige mag das dennoch gut gehen. Vor allem Zulieferbetriebe, die keine Teile für den klassischen Antriebsstrang herstellen, werden auch in Zukunft auf sicheren Beinen stehen, denn Scheinwerfersysteme, Bremsanlagen, Dämpfer oder Lacke werden selbstverständlich auch für die Produktion von Elektrofahrzeugen benötigt. In diesem Sekundärbereich werden die Veränderungen also kein ernsthaftes Risiko für das Geschäft darstellen.
Chancen müssen genutzt werden
Ganz anders jedoch sieht es in dem Bereich des Antriebstranges aus.
Besteht ein Verbrennungsmotor aus 2000 – 2.500 einzelnen Teilen, so beläuft sich diese Zahl bei einem Stromer lediglich auf 200 – 250 Teile. Damit verringert sich der Bedarf um den Faktor zehn und das sollte jeden Unternehmer, welcher in diesem Bereich aktiv ist, zumindest aufrütteln. Aus diesem Grund müssen die Chancen in der Entwicklung von elektrischen Antriebssträngen aktiv analysiert, erkannt und dann bestmöglich genutzt werden. Es gibt durchaus auch neue Felder, die durch diese Entwicklung erweitert beziehungsweiße begründet werden.
Zukunftsfeld Batterie
An vorderster Front steht dabei die Entwicklung von Speichersystemen für die benötigte Energie – sprich Batterien. Die Entwicklung und Produktion von hochtechnologisierten Batteriezellen für Elektrofahrzeuge ist gerade für die deutsche Industrie interessant. Hier kann sie ihren international hervorragenden Ruf nutzen und sich, Forschung und ein mutiges, zukunftsweisendes Vorgehen, vorrausgesetzt, eine starke Position verschaffen. Denkbar sind auch intelligente Kooperationen mit innovativen Unternehmen aus dem Ausland, die dafür sorgen können, den Standpunkt Deutschland auch in diesem Bereich im internationalen Blickfeld zu halten.
Strom wird in Zukunft auch stationär gespeichert
Ein weiterer interessanter Punkt, der sich im Rahmen der Batterieproduktion auftut, sind stationäre Speichersysteme, wie sie z.B. das amerikanische Unternehmen Tesla präsentiert hat. Diese können sowohl für den professionell-gewerblichen oder den privaten Betrieb konzipiert werden und helfen dabei, Schwankungen in der Stromzufuhr auszugleichen oder überschüssige Energie aus Solarsystemen nachhaltig aufzubewahren. Für Kunden von Autoherstellern, die voll in die Welt der E-Mobilität einsteigen wollen, eine durchaus spannende Option. Dazu passend wird die Nachfrage nach Batteriemanagementsystemen ansteigen, die den Strom intelligent verteilen und sowohl lokale Speichersysteme als auch die Batteriezellen der Fahrzeuge effizienter machen können.
Batterietechnik und Digitalisierung inspirieren sich – Interieur
Mit diesen Systemen befindet man sich dann schon voll und ganz im Bereich der Digitalisierung, welche die neue Welt der E-Mobilität auf Schritt und Tritt begleiten wird. Vor allem Interieur-Zulieferer sind darauf angewießen, in diesem Bereich Fortschritte zu machen und die Nachfrage nach, zu den neuen Systemen passender Hardware, vorauszusehen. Gerade in Elektrofahrzeugen erwarten die Kunden eine hochmoderne und zur Leichtigkeit der E-Mobilität passende Haptik und Steuerungseinheit.
E-Mobilität erfordert leichte Materialien – Exterieur
Auch im Bereich Exterieur werden sich neue Potentiale eröffnen. Wie oben beschrieben bleibt hier zwar vieles beim Alten, doch bedenkt man das zusätzliche Gewicht der Batteriezellen für den Gebrauch in Fahrzeugen, wird vor allem im Leichtbau eine deutliche Steigerung der Nachfrage zu erwarten sein. Leichte Werkstoffe, allen voran Karbon, werden immer wichtiger, um die Reichweite der Fahrzeuge zu verlängern und sind somit direkt proportional mit der Akzeptanz der Fahrzeuge bei den Kunden verbunden.
Konklusion: Wer Innovationskraft und Selbstbewusstsein verbindet hat gute Chancen
Abschließend bleibt zu sagen, dass die Zuliefererbranche in Deutschland, vor allem im Bereich des Antriebsstranges, einen deutlichen Umbruch zu erwarten hat und sich dessen auch bewusst ist. Bestimmte Unternehmen werden sicherlich unter der Entwicklung leiden und sich schwer tun, diesem Weg der Innovationen zu folgen.
Für den Großteil gibt es allerdings weiterhin gute Möglichkeiten, ihr technisches Potential auszuschöpfen. Wer sich mithilfe von Investitionen und zukunftsweisender Forschung gut platziert und seine Ressourcen intelligent in den Bereich E-Mobilität einbringt, muss in keinster Weise verzweifeln und hat gute Möglichkeiten, seine Produktion und die Beschäftigten auch im neuen elektronisch-digitalen Zeitalter stabil zu installieren. Vor allem der deutsche Mittelstand ist gefragt, seinen international hervorragenden Ruf zu nutzen um sich mit Selbstbewusstsein Positionen zu erobern.
Alexander Verweyen ist Unternehmer, strategischer Berater und Autor von bisher sechs Büchern. Als Geschäftsführer der alexander verweyen BUSINESS CONSULTANTS GmbH unterstützt er gemeinsam mit seinem Team namhafte Unternehmen bei der Steigerung ihrer Führungs- und Vertriebsperformance sowie der Bewältigung von Veränderungsprozessen.